Selig lächelndes Frauengesicht mit Blogtitel drauf.
Kulturpessimismus inside.

Montag, 28. September 2009

Klartext, Herr Minister.

Der Autor dieses kleinen Blogs wollte eigentlich
einen typisch hintergründigen Kommentar
zum Thema Fernsehberichterstattung
bzgl. der Bundestagswahl 09 schreiben,
doch da befiel ihn schon bei der ersten Zeile
eine so fürchterliche Unlust, dass er
seiner Kreativität freien Lauf ließ.
Das haben wir jetzt davon. Ja,
selber schuld. Noch kannstes ja
wegklicken! Machste aber nicht! Haha!
Das, was hier herauskam, ist eh authentischer
als jedweder hintergründiger Kommentar.

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„Herr Minister. Ich bedanke mich ganz herzlich, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind und begrüße Sie hier ebenfalls ganz herzlich in unserem Studio. Gefällt es Ihnen hier?“


„Och, ja. Klein, aber fein.“


„Das freut uns. Herr Minister. Vor ein paar Jahren sind Sie Ihren Dienst als Minister für Arbeit angetreten und seitdem haben sich die Arbeitslosenzahlen nicht halbiert, wie Sie anfangs prophezeit hatten, sondern sie haben sich verdoppelt. Wissen Sie das?“


„Jawohl, die Duplizierung der aktuellen Statistiken für Erwerbslose ist eine Thematik, die ich kenne. Ich lese jeden Morgen die Zeitung.“


„Sie sind also ein Mann mit Kompetenz. Herr Minister, jetzt hat das neue Jahr 09 angefangen – wollen Sie womöglich die Zuschauer in Ihre neuen Pläne für dieses Jahr einweihen?“


„Das will ich sehr gerne tun, Herr…?“


„Möcker.“


„Herr Möcker. Also: in welche Kamera muss ich schauen?“


„Am besten in die Vier.“


„Aha, okay.“


„Meine Damen und Herren, es spricht der Minister für Arbeit. Wie wollen Sie sich der Reduzierung der Arbeitslosenzahlen annehmen?“


„Ja, Herr Möcker. Das ist eine sehr gute, sehr kluge Frage. Das ist eine Frage, die unbedingt beantwortet werden muss: jetzt und hier. Die Klärung dieser Frage ist wichtig, ungeheuer wichtig, ich will nicht sagen: essentiell, aber wie gesagt ungeheuer wichtig. Ja, womöglich dann doch auch essentiell. Wir müssen uns diesem Thema annehmen, wir dürfen nicht einfach nur darüber hinwegsehen, als wäre nichts. Nein! Das gilt es zu verhindern! Wir dürfen nicht über dieses Thema spotten oder gar witzeln, das darf nicht das Thema der Stunde sein! Wir müssen, und damit spreche ich all meine Kollegen sowie Sie von der Presse an, wir müssen uns diesem Thema nähern, müssen es lösen, klären, abwägen. Letztendlich sitzen wir alle a.) im gleichen und b.) im selben Boot und da dürfen wir uns nicht drüber beschweren, wenn einer baden geht! Wissen Sie, auf der gestrigen Versammlung habe ich das auch extra betont: So läuft der Hase! Denn Plus plus Plus ergibt Plus. Wissen Sie, dieses Thema kann man nicht schlicht mit Schwarz und Weiß sehen, es gibt da so viele Variationen dieser Problematik, das macht es für uns Politiker dann schwer, sich jedem, JEDEM, sage ich, Problem zu nähern und nicht sofort von das Große in das Kleine zu wechseln oder auch nur andersherum. Das darf, soll, muss, wird nicht! Hier und gerade hier sind Kompromisse notwendig, wir müssen kehrt machen, unser Verhalten ändern! Wir müssen abwägen, großen Frühjahrsputz machen, einen großen Konsens finden und den kleinsten gemeinsamen Nenner. Wir müssen reinen Wein einschenken! Wir sitzen ja alle im gleichen Boot, wir ziehen alle an einem Strang, das betone ich immer häufiger. Und Sie alle wissen: Was macht man nicht mit der Hand, die einen füttert? Genau: Man beißt sie nicht! Und das ist auch meine Strategie der Stunde. Das sehen meine Berater genauso. Wir sind uns da alle einig, wenn wir sagen: Wir setzen auf Fachkompetenz, denn wo der Hund begraben ist, bei welcher Partei, ist zur Zeit noch egal. Aber dass der Hund tot, das wissen wir und müssen wir auch irgendwie ändern, wenn Sie verstehen.“


„Naja… also… die Lösung des Problems… wie sieht die jetzt konkret aus?“


„Sie sind Journalist, Herr Möcker, Sie dürfen zwar unterbrechen. Aber ich wollte sowieso auf das Thema zu sprechen kommen! Ich setze in diesem Jahr auf Sachkompetenz, ready steady go, wie der Brite sagt. Wir müssen Fakten finden und zielgruppenorientiert denken. Das sind ja alles Fragen, die uns alle was angehen. The laugh is on the loser, wie der Brite sagt. Doch wer hier der Brite ist, können wir noch nicht feststellen – das ist klar! Wissen Sie, Herr Möcker, in wesentlichen Punkten ist eine Abstimmung notwendig, das will ich nicht bestreiten. Das sind ja elementare Grundsätze, die wir da durchgesetzt wissen wollen. Der Status quo, und das muss sich mal ganz genau vorstellen, den können wir nicht komplett abschätzen. Und das muss man sich vorstellen. Da muss halt mit offenen Karten gespielt werden, mit Pulverfässern oder gar mit Geheimniskrämerei oder sogar bösen Zungen werden wir dabei nicht weiterkommen, das wissen Sie wie ich! Wir müssen die Dinge erörtern, uns abgrenzen, abstimmen, einigen! Da haben wir drüber geredet, wir im Bundestag, wir haben debattiert. Das muss sein, denn funktionierende Demokratie braucht Diskussion. Wir brauchen eine seriöse, innovative, informative Vorgehensweise. Every picture tells a story, wie der Brite sagt. Ich kann Ihnen sagen und das sage ich ganz offen: Ich habe nichts zu verbergen. Unter meinem Bett liegt nichts, wenn Sie so wollen. Wir müssen Klartext reden. Butter bei die Fische, wie der Brite, Verzeihung, der Norddeutsche sagt. Wir müssen drauf hinarbeiten, das ist klar und offenkundig. Wir müssen reinen Tisch machen. Tabula Rasa müssen wir da machen, ganz zeitorientiert. Damit unser Vorhaben auch ja gelingt! Wolfe in Schafspelzen nützen uns da gar nicht. Wir müssen die Probleme verantworten und uns verantwortlich zeigen, wenn wir ihnen mit Verantwortung begegnen, wenn Sie so wollen. Das sind ethische, politische, zielgruppenklare Grundsätze, die wir da brauchen. Das sind ja alles Gassenhauer, alles entscheidende Themen! Nur so und nicht anders, muss es durch Deutschland gehen! Denn ich sage Ihnen ganz direkt, wir wissen ja, wohin das sonst führt!“


„Herr Minister, ich bedanke mich. Ich bedanke mich für alles. Jetzt ist uns alles klar geworden. Danke sehr.“


Applaus.


„Kommen wir nun zu unserem nächsten Gast. Nico ist neun Jahre alt und hat ein Problem. Welches liegt auf der Hand: Er sieht genauso aus wie Winston Churchill. Ich begrüße jetzt ganz herzlich den Nico!“


Applaus.


Dieser "Minsiter für Arbeit" ist rein fiktional.

Montag, 7. September 2009

Das Internet manifestiert sich kaputt

Ich betreibe dieses Blog mit einer Wegwerf-Mailaddresse. Ich nenne weder bei Twitter noch hier meinen echten Namen. Ich blogge ab und zu und auch nicht regelmäßig. Ich nutze einen kostenlosen Blogger-Account und bezahle weder Webspace noch Server. Dieser Blog ist auch nicht monothematisch: Manchmal blogge ich über Geschichtliches, über Politisches, manchmal über das TV und manchmal veröffentliche ich Texte und Kommentare.

Man kann mich also als Durchschnittsblogger sehen. Nicht viel Output, nicht viel Input. Jedoch bin ich auch nicht so ein Blogger, der bloß ein YouTube-Video einbindet und zwei, drei Gedanken dazu hinzufügt. Wenn ich über etwas bloggen will, warte ich solange, bis sich ein Thema findet.

So ein Thema hat sich gefunden, als ich über das Internet-Manifest las.

Das von mir sehr verehrte Blog mit dem schlichten Titel netzpolitik hat nun über das Internet-Manifest geschrieben. Markus Beckedahl, der Betreiber von netzpolitik, ist ein Mitunterzeichner des selbsternannten Manifestes.

Beckedahl:
Auf Initiative von Mario Sixtus hat sich eine Gruppe von Menschen in den vergangenen Wochen und Tagen im Netz vernetzt, um der Debatte über den “Untergang des sogenannten Qualitätsjournalismus” und der latenten Internetfeindlichkeit in vielen Medien ein zeitgenössisches Manifest entgegen zu setzen.
Es geht also um Aufmerksamkeit, sei es um zu demonstrieren, dass sich "das Internet" (ich bin Feind von solchen Generalisierungen - was interessiert eine 14jährige Brasilianerin beispielsweise die politische Tragkraft des Internets im deutschsprachigen Raum?) mobilisier und Wege aus der (Journalismus?-)Krise aufweist.

Vielleicht wollen die 15 Unterzeichner auch einfach ihre Monopolstellung in der deutschen Internetgemeinde demonstrieren (und auch hier bitte um Verzeihung für diese unsägliche Generalisierung).

Unter den 15 Unterzeichnern befinden sich zum Teil auch eher unbekannte Blogger oder Menschen. Natürlich kennt man Mainstream-Twittereliten wie Sascha Lobo oder Mario Sixtus. Auch Stefan Niggemeier ist bekannt, und das obwohl er nicht twittert (!). Aber Peter Schink? Mercedes Bunz? Peter Schawowy? Wer sind diese Menschen, woher sollte ich sie kennen, warum dürfen sie über das Internet urteilen, was sie auch nicht mehr nutzen können als ich oder die bereits erwähnte 14jährige Brasilianerin? Weshalb dürfen sie 17 Punkte aufstellen und ich darf das nicht?

Zu den 17 Punkten sei gesagt, das ich da jetzt gar nicht groß drauf eingehen will. Revolutionäres darf man da nicht erwarten, eher aufgewärmten und neu gewürzten Brei, den man so schon tausendmal gehört und gelesen hat. Auf den Rest wäre man auch selber gekommen, wenn man ein wenig über das Thema nachgedacht hätte. Insofern ist es auch kein Manifest. Grundsätze, Merksprüche, nicht so falsche Wahrheiten. Aber kein Manifest.

Ein Beispiel gefällig? Bitte sehr.

Das Internet ist ein Medienimperium in der Jackentasche.

Das Web ordnet das bestehende Mediensystem neu: Es überwindet dessen bisherige Begrenzungen und Oligopole. Veröffentlichung und Verbreitung medialer Inhalte sind nicht mehr mit hohen Investitionen verbunden. Das Selbstverständnis des Journalismus wird seiner Schlüssellochfunktion beraubt – zum Glück. Es bleibt nur die journalistische Qualität, die Journalismus von bloßer Veröffentlichung unterscheidet.

Wer hätte das gedacht? Da bläht man die Titelzeile des Punktes ein wenig auf, stellt das alles in globalen Kontext ("...alles furchtbar wichtig!!!...") und garniert hie und da noch ein paar Fremdwörter hinzu - und tada - ein Meilenstein im Online-Publizismus ist da!